1. Rückblick
Unsere letzte Bitcoin-Analyse vom 28.September war eindeutig viel zu pessimistisch. Zwar kamen insbesondere die Aktienmärkte in den folgenden zwei Wochen noch deutlich unter Druck, die Bitcoin-Notierungen konnten sich jedoch im Bereich um 39.750 USD nach einer mehrtägigen Bodenbildung fangen und im Anschluss deutlich haussieren. Gleichzeitig ist der Zusammenbruch des chinesischen Immobilienmarktes keineswegs gelöst, sondern schwelt im Hintergrund weiter und hängt wie ein Damoklesschwert über den Finanzmärkten.
Die Ankündigung von Federal Reserve Chairman Jerome Powell, dass man „nicht die Absicht habe, die Kryptos zu verbieten“, sorgte dann jedoch ab Anfang Oktober zusammen mit der stark überverkauften Lage für eine klare Trendwende beim Bitcoin nach oben. Die folgende Rally ließ die Bitcoin-Preise innerhalb von nur sechs Wochen um 73,8% auf ein neues Allzeithoch bei 69.000 USD (Bitstamp) explodieren. Seit dem 10.November wurde dieser steile Anstieg nun korrigiert und Bitcoin fiel zwischenzeitlich um 22,5% bis auf 53.308 USD zurück.
In den letzten zwei Tagen konnte sich der Bitcoin ausgehend von diesem Tief deutlich bis auf 58.931 USD erholen und konsolidiert aktuell zwischen 57.000 USD und 58.000 USD.
Insgesamt und nüchtern betrachtet ist der intakte Krypto-Bullenmarkt nach einer sechsmonatigen Verschnaufpause mit dem neuen Bitcoin-Allzeithoch im November klar bestätigt worden.
2. Chartanalyse Bitcoin in US-Dollar
Bitcoin in USD, Wochenchart vom 30.November 2021. Quelle: Tradingview
Seit seinem Frühjahrshoch am 14.April bei 64.895 USD befand sich der Bitcoin in einer Konsolidierungsphase. Erst mit dem neuen Allzeithoch am 20.Oktober wurde der intakte Bullenmarkt bestätigt und wieder aufgenommen. Mittlerweile liegt das neueste Allzeithoch bei ziemlich genau 69.000 USD, während die Notierungen aktuell gut 11.000 USD bzw. 16% darunter handeln. Es fehlt also nicht viel für einen endgültigen Ausbruch nach oben.
Allerdings liefert der Stochastik-Oszillator auf dem Wochenchart aktuell ein Verkaufssignal, während der anstehende Durchmarsch durch die starke Widerstandszone zwischen 60.000 USD und 70.000 USD einen Kraftakt für die Bullen bedeuten wird. Auf der Unterseite hingegen würde ein Unterschreiten des letzten Tiefs bei 53.308 USD wohl einen größeren Kursrutsch aktivieren. Dann wäre ein Rücklauf an die 200-Tagelinie (46.101 USD) sowie die alte Abwärtstrendlinie (derzeit ebenfalls im Bereich um 46.000 USD) möglich. Bislang liegen für diese bärische Variante aber sehr nur wenige technische Argumente auf dem Tisch.
Insgesamt ist es aktuell doch deutlich wahrscheinlicher, dass sich der Bitcoin in den kommenden Wochen schrittweise bis an das obere Ende der breiten Widerstandszone (60.000 USD bis 70.000 USD) schieben wird. Der Ausbruch über 70.000 USD sollte dann neue Kräfte freisetzen und eine steile Rally in Richtung der runden Marke von 100.000 USD entfachen. Schließlich hat sich beim Bitcoin nun über sieben Monate sehr viel Druck und Energie aufgebaut.
Bitcoin in USD, Tageschart vom 30.November. Quelle: Tradingview
Auf dem Tageschart ist die Ausgangslage schon jetzt wesentlich bullischer, denn die Korrektur der letzten zwei Wochen hat für eine überverkaufte Lage und einen mustergültigen Test der Aufwärtstrendlinie der letzten Monate gesorgt. Ausgehend vom letzten Tiefpunkt bei 53.308 USD hat der Bitcoin bereits einen deutlichen Satz nach oben gemacht, welches der Stochastik-Oszillator mit einem klaren neuen Kaufsignal bestätigt. Nun hätte der Tageschart wieder genügend Luft, um in die breite Widerstandszone (60.000 USD bis 70.000 USD) weiter vorzudringen.
Zusammengefasst ist der Tageschart bullisch. Auf dem Weg nach oben warten zwischen ca. 59.500 und 60.000 eine Verbindungslinie der letzten Monate sowie das obere Bollinger Band (66.075 USD).
3. Sentiment Bitcoin
Crypto Fear & Greed Index vom 30.November 2021. Quelle: Crypto Fear & Greed Index
Der Kursrutsch in den letzten drei Wochen sorgte zumindest ansatzweise für eine Bereinigung im Kryptosektor. Die Euphorie von Anfang November wurde erstmal abgebaut. Extreme Angstwerte traten dabei allerdings auf.
Crypto Fear & Greed Index langfristig vom 29.November 2021. Quelle: Sentimentrader
Im größeren Bild haben die drei Rücksetzer in diesem Jahr (vom 12.4. bis 21.6. = -55%, vom 6.9. bis 21.9. = -25% und vom 10.11. bis 28.11. = -22,5%) jeweils das Sentiment mehr oder weniger vollständig bereinigt und eine antizyklische Kaufchance mit sich gebracht. Dabei fielen die letzten beiden Rücksetzer prozentual deutlich kleiner aus, wodurch auch die Sentiment-Bereinigung weniger stark ausfiel. Gleichzeitig lässt sich darauf die These bauen, dass die Käufer nun schon immer früher zurück in den Markt kommen und eine gnadenlose und tiefe Korrektur erst wieder nach einer ganz extremen Übertreibung auf der Oberseite möglich werden wird.
Kurzfristig hat das Sentiment nach der Ausverkaufsstimmung der letzten Tage klar gedreht. Das Tief dürfte beim Bitcoin daher am Sonntag bei 53.308 USD gesehen worden sein. Im nächsten Schritt sollte das Stimmungs-Pendel nun wieder in die andere Richtung ausschlagen und in den nächsten Monaten ein Stimmungshoch bringen. Übergeordnet lässt die Sentiment-Analyse weiterhin eine extreme und parabolische Übertreibungsphase auf der Oberseite erwarten.
4. Bitcoin gegen Gold
Bitcoin/Gold-Ratio vom 30.November 2021. Quelle: Tradingview
Bei Kursen von derzeit ca. 57.500 USD für einen Bitcoin und 1.795 USD für eine Feinunze Gold liegt das Bitcoin/Gold-Ratio aktuell bei 32,1. D.h. man muss für einen Bitcoin derzeit mehr als 32 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell ca. 0,0312 Bitcoin.
Erneut wertete Gold in den letzten zwei Monaten gnadenlos gegen den Bitcoin ab. Zwischenzeitlich erreicht das Bitcoin/Gold-Ratio bereits die Höchstkurse vom Frühjahr um 37. Der Trend zugunsten des Bitcoins ist trotz des Rücksetzer in den letzten Wochen intakt. Zudem läuft das Ratio in ein aufsteigendes Dreieck hinein, dessen Auflösung nach oben wohl nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Falls es dazu kommt, könnte der Bitcoin problemlos auf 80 bis 95 Unzen Gold steigen.
Grundsätzlich sollte man sowohl in Edelmetallen als auch in Bitcoins investiert sein. D.h. mindestens 10% und besser 25% seines Gesamtvermögens sollte man in physische Edelmetalle anlegen, während man in Kryptos und vor allem im Bitcoin zunächst wenigstens 1% bis 5% halten sollte. Wer sich mit den Kryptowährungen und Bitcoin genügend Erfahrung gesammelt hat und das Potenzial erkannt hat, kann individuell sicherlich auch wesentlich höhere Prozentzahlen in Bitcoin allokieren. Für den normalen Anleger, der natürlich vor allem in Aktien und Immobilien investiert ist, sind maximal 5% im immer noch spekulativen und vor allem hochvolatilen Bitcoin aber ein erster Richtwert.
Auf Sicht der kommenden Monate dürfte der Bitcoin das Gold weiter outperformen. Denn während sich der Bullenmarkt im Krypto-Sektor möglicherweise in den kommenden Monaten auf die parabolische Zielgerade zubewegt, ist der Goldpreis noch immer in seiner seit dem August 2020 laufenden Konsolidierung/Korrektur gefangen. Erst wenn der Bitcoin ein großes übergeordnetes Hoch erreicht und Gold gleichzeitig seine Korrektur beendet hat, könnte der Edelmetallsektor wieder Boden gut machen.
5. Makro-Update: Inflation weltweit auf dem Vormarsch
Länder mit zweistelliger Inflationsrate im November 2021. 2021. ©Blockdata
Neben den weiterhin brandgefährlichen Problemen rund um den chinesischen Immobiliensektor und der nicht enden wollenden Corona-Krise bleibt vor allem die um sich greifende Inflation das Hauptthema an den Finanzmärkten. Mitte November gab es in 27 Ländern dieser Erde zweistellige Inflationsraten! Mehr als 1,1 Mrd. Menschen sind davon vor allem in armen Ländern betroffen.
Inflation in Deutschland vom 29.November 2021. ©Holger Zschaepitz
Auch in Deutschland ist die offizielle Inflationsrate auf den höchsten Stand seit über 30 Jahren angestiegen. Gemessen am harmonisierten Verbraucherpreisindex lag die Inflation im Oktober bei 4,6% und im November bereits bei 5,2%. Im Dezember könnte sie sogar weiter auf über 5,5% oder gar 6% steigen. Zuletzt erreichte die Inflation Anfang der 1990er Jahre derartige Höhen. Damals lag der Leitzins der Bundesbank allerdings bei 8,6%. Heute liegt der Leitzins der EZB bei 0%, wodurch die Sparer real enteignet werden. Insbesondere in Deutschland ist diese Entwicklung ein heikles Thema, da fast jeder Deutsche die Berichte seiner Vorfahren über die Hyperinflation 1923 kennt, als die Ersparnisse der allermeisten Deutschen gnadenlos vernichtet wurden.
Inflation in Spanien vom 29.November 2021. ©Holger Zschaepitz
Und auch in Spanien beschleunigt sich die Inflation aufgrund steigender Lebensmittelpreise auf den höchsten Wert seit fast 30 Jahren. Hier stieg der Verbraucherpreisindex im November um 5,6%, den höchsten Wert seit dem September 1992. Unter anderem bedingt durch die anhaltenden Versorgungsengpässe auf dem gesamten europäischen Kontinent wurden die Inflationserwartungen einmal mehr klar übertroffen.
EZB Bilanzsumme, vom 19.November 2021 ©Holger Zschaepitz
Währenddessen weitet die EZB in ihrem Elfenbeinturm in Frankfurt ihre Bilanzsumme immer weiter aus. Zum 19.November wurde mit 8.442,3 Mrd. EUR mal wieder ein neues Rekordhoch gemeldet, wobei die Bilanzsumme um weitere 27,9 Mrd. EUR innerhalb einer Woche angestiegen ist. Die Gesamtaktiva der EZB entsprechen nun 81% des BIP der Eurozone, gegenüber 37,4% bei der Fed, 41% bei der Bank of England und 134% bei der Bank of Japan. Auch weiterhin (und genau wie in den 1920er Jahren) leugnen die Zentralbanker einen Zusammenhang zwischen den Bilanzausweitungen und der immer stärker anziehenden Inflation.
Insgesamt ist ein Ende der weltweit lockeren Geldpolitik völlig undenkbar. Ebenso wird es bis auf weiteres auch bei den Versorgungsengpässen bleiben. Damit wird die Teuerung sowohl monetär als auch durch Mangel weiter befeuert werden.
6. Fazit: Neue Allzeithochs und parabolisches Finale in Sicht!
Der Bitcoin steht diesem Makro-Dilemma diametral entgegen und bedeutet für immer mehr Menschen auf diesem Planeten Hoffnung. Und so widerlegte er seit Ende September mal wieder alle Zweifler. Denn ungeachtet der zahlreichen Gegenwinde segelten die Bitcoin-Notierungen mit 69.000 USD auf ein neues Allzeithoch. Gerade noch rechtzeitig hatten wir unsere zu pessimistische Haltung Anfang Oktober wieder aufgegeben und das Wort des Marktes akzeptiert.
Nun stehen die Notierungen vor der großen und entscheidenden Widerstandszone zwischen 60.000 USD und 70.000 USD. Der Durchmarsch könnte schnell gelingen. Im Kontext des Jahresverlauf wäre es aber doch wahrscheinlicher, dass sich dieses Unterfangen etwas in die Länge ziehen könnte. Sobald allerdings der Bereich zwischen 65.000 und 70.000 USD angelaufen wird, ist der fulminante Ausbruch nach oben nicht mehr aufzuhalten.
Insgesamt sind schon jetzt neue Allzeithochs in Sicht. Ebenso bleibt es bei der Erwartung, dass der seit dem März 2020 laufende Bullenmarkt nur in einem parabolischen Finale enden kann. Kurzfristig kann es sicherlich noch den ein oder anderen verwirrenden Schlenker geben, das Tief bei 53.308 USD sollte aber halten und nicht mehr unterschritten werden.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte