1. Rückblick
Obwohl die Krypto-Gemeinde mit großer Vorfreude auf das Halving-Event hin gefiebert hatte, sorgte das Ereignis selbst nicht wie erhofft auf einen gewaltigen Preisanstieg. Stattdessen kam es ausgehend vom neuen Allzeithoch bei 73.793 USD schon ab dem 14.März schrittweise zu einem größeren Rücksetzer in der Größenordnung von -23,3%. Zwar konnten sich die Bitcoin-Notierungen fast den ganzen April über mehr oder weniger problemlos oberhalb der runden Marke von 60.000 USD halten, das Tief wurde letztlich aber doch erst eine Etage tiefer bei 56.500 USD gefunden.
Seitdem konnte sich der Bitcoin zusammen mit den Aktienmärkten sprunghaft und schnell bis auf 65.513 USD erholen. Ob die Korrektur damit tatsächlich bereits ausgestanden ist, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Mit Kursen um aktuell 62.000 USD konnte das Hoch der Erholung bislang zwar nicht verteidigt werden, der kurzfristige Aufwärtstrend ist bereits leicht angeschlagen, aber noch intakt.
S&P500, Smartmoney vs. Dumbmoney, vom 7. Mai 2024. Quelle: Sentimentrader
Auffällig bleibt die Tatsache, dass das „smart money“ an den US-Aktienmärkten die hohen Kurse eher für Verkäufe nutzt und die dortige Erholung daher vermutlich nur technischer Natur ist. Während sich das „Smart Money“ neutral verhält, ist das „Dumb Money“ schon wieder sehr optimistisch geworden. Die Chancen auf der Oberseite dürften daher in den kommenden Monaten sehr überschaubar sein.
Bitcoin vs. Nasdaq, Korrelation vom 18. April 2024. Quelle: Bloomberg, Tavi Costa
Da der Bitcoin sehr eng mit der Nasdaq und dem Tech-Sektor korreliert ist, lassen sich ähnliche Schlussfolgerungen auch für den gesamten Krypto-Sektor ziehen.
Bitcoin 24h Handelsvolumen, vom 6. Mai 2024. Quelle: coinmarketcap
So ist beispielsweise auch das Bitcoin Handelsvolumen nach dem ETF-Spike deutlich zurückgekommen.
Spot Bitcoin ETF Flows, vom 7. Mai 2024. Quelle: The Block
Teilweise verzeichneten die Bitcoin-ETFs in der vorletzten Woche sogar starke Abflüsse.
Ohne ein Liquiditäts-Event durch die Zentralbanken oder ein neues Narrativ werden es sowohl die Aktienmärkte als auch der Bitcoin und damit der gesamte Krypto-Sektor in der saisonal typischerweise eher schwachen Sommerphase schwierig haben.
Insgesamt wurde unsere zuletzt skeptische Einstellung mit dem Rücksetzer bestätigt und wir vermuten weiterhin, dass das Ende der Korrektur beim Bitcoin frühestens im September oder Oktober zu finden sein wird.
2. Chartanalyse Bitcoin in US-Dollar
2.1 Wochenchart: Verkaufssignale nehmen langsam zu
Bitcoin in USD, Wochenchart vom 8. Mai 2024. Quelle: Tradingview
Nach einem fulminanten Anstieg von 15.479 USD bis auf 73.794 USD (+376,75%) innerhalb von 15 Monaten befindet sich der Bitcoin seit dem 14.März in einer Korrektur. Das klassische 38,2%-Retracement bei 51.518 USD wurde dabei bislang nicht erreicht. Die ursprüngliche Unterstützungszone um 60.000 USD wurde jedoch bereits aufgeweicht und dürfte einer nochmaligen Attacke der Bären nicht standhalten.
Ebenso hat die Wochen-Stochastik ein Verkaufssignal aktiviert, während die Monatsstochastik stark überkauft ist und nach Abkühlung schreit. Die beiden Bollinger Bänder laufen derzeit sehr weit auseinander und deuten ebenfalls weiteren Konsolidierungs- und Korrekturbedarf an.
Sollte sich im größeren Bild tatsächlich eine Cup-and-Handle Formation beim Bitcoin entwickeln, dürfte die Vollendung des Henkels höchstwahrscheinlich noch deutlich mehr Zeit und zwischenzeitlich auch tiefere Kurse benötigen.
In der Summe ist der Wochenchart leicht bärisch, ohne dass übergeordnet bereits starke Verkaufssignal vorlägen. Die Lage hat sich aber doch etwas eingetrübt und zumindest ein Rücksetzer innerhalb der oberen Hälfte des Aufwärtstrendkanals bis auf ca. 55.000 USD sollte in den schwächeren Sommermonaten doch eingeplant werden. Kommt es innerhalb des Henkels zum typischen Rücklauf an das 38,2%-Retracement, wären Kurse im Bereich um 51.500 USD zu erwarten. Auf der Oberseite braucht es einen Wochenschlusskurs oberhalb von 74.000 USD, um die Korrektur klar und eindeutig zu beenden.
2.2 Tageschart: Unterhalb der 50-Tagelinie
Bitcoin in USD, Tageschart vom 8. Mai 2024. Quelle: Tradingview
Auf dem Tageschart sind die Bitcoin-Notierungen Mitte April unter die 50-Tagelinie (65.839 USD) gerutscht und konnten diese seitdem nicht zurückerobern. Mittlerweile hat dieser gleitende Durchschnitt auch nach unten gedreht, so dass im Bereich 65.500 bis 66.000 USD bereits ein starker Widerstand auf die Erholung wartet.
Sollte die Rückeroberung nicht nachhaltig gelingen, dürfte der Markt früher oder später die deutlich tiefer verlaufende 200-Tagelinie (50.512 USD) sehen wollen. Gleichzeitig hat die Tages-Stochastik ein Kaufsignal aktiviert, welches den Bitcoin in den kommenden Tagen und vielleicht ein bis drei Wochen noch unterstützen sollte.
Insgesamt ist der Tageschart aktuell leicht bullisch. Die angelaufene Erholung könnte daher eventuell noch ein gutes Stück weiterlaufen. Im Bereich zwischen 65.500 und 67.300 USD stoßen die Bullen allerdings auf starke Widerstände. Wir antizipieren daher spätestens in dieser Region das Ende der Erholung. Sollte das Hoch der Erholung hingegen bereits bei 65.513 USD gesehen worden sein, dürfte die wichtige Unterstützungszone um 60.000 USD schnell in den Fokus der Marktteilnehmer geraten.
3. Sentiment Bitcoin – Optimismus immer noch zu hoch
Crypto Fear & Greed Index vom 6. Mai 2024. Quelle: Lookintobitcoin
Der „Crypto Fear & Greed Index“ notiert mit 71von 100 Punkten aktuell leicht unter seinem Hoch vom 14.März bei 88. Trotz des Rücksetzers wurde das Sentiment also noch nicht vollständig bereinigt.
CMC Crypto Fear & Greed Index vom 6. Mai 2024. Quelle: Coinmarketcap
Der „CMC Crypto Fear & Greed Index“ von CoinMarketCap ist in den letzten Wochen wesentlich deutlicher zurückgekommen und zeichnet aktuell ein eher neutrales Sentiment. Bis zu einer antizyklischen Kaufchance, welche sich typischerweise erst während einer Verkaufspanik ergibt, fehlt derzeit allerdings noch ein gutes Stück.
Insgesamt ist das Sentiment immer noch zu optimistisch. Entweder wird es eine weitere große Verkaufswelle oder eine längere, seitwärtsverlaufende Streckfolter oder eine Mischung aus beidem benötigen, bevor das Überraschungspotenzial wieder auf der Oberseite liegt.
4. Saisonalität Bitcoin – Saisonalität noch bis Anfang Juni günstig
Bitcoin Saisonalität vom 3. Mai 2024. Quelle: Seasonax
Mit dem starken Anstieg ab Ende Januar bis Mitte März hatte der Bitcoin sein saisonales Muster im ersten Quartal etwas überstrapaziert. Trotzdem ist die Statistik den Bullen noch bis Anfang Juni wohlgesonnen. Im Anschluss kommt es jedoch typischerweise zu einem klaren Abwärtstrend, der erst zwischen Ende September und Mitte Oktober mit einer Bodenbildung seinen Abschluss findet.
Zusammengefasst ist die Saisonalität noch bis Anfang Juni positiv. Danach wechselt die saisonale Ampel auf dunkelrot.
5. Bitcoin gegen Gold (Bitcoin/Gold-Ratio)
Bitcoin/Gold-Ratio, Tageschart vom 8. Mai 2024. Quelle: Tradingview
Bei Kursen von rund 62.350 USD für einen Bitcoin und ca. 2.305 USD für eine Feinunze Gold, muss man für einen Bitcoin derzeit rund 27 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell ca. 0,037 Bitcoin.
Seit Mitte März fiel das Bitcoin/Gold-Ratio von Werten um 34 doch recht deutlich bis auf 25 zurück. Während der Bitcoin klar korrigierte, konnte der Goldpreis stattdessen stark zulegen. Seit der großen Korrektur im Jahr 2022 ist dies das erste Mal, dass sich das Ratio derart deutlich zugunsten des Goldes verschoben hat. Im großen Bild bleibt der Bitcoin aber natürlich weiterhin das viel schnellere Pferd.
Mit dem Rückfall bis auf 24 hat das Ratio bereits fast seine schnell steigende 200-Tagelinie sowie das 38,2%-Retracement erreicht. Die scharfe Erholung der letzten Tage macht jedoch nicht den Eindruck einer abgeschlossenen Korrektur, sondern sieht eher nach einer technischen Reaktion aus. Um den steilen Anstieg der letzten 15 Monaten wirklich zu korrigieren, benötigt es vermutlich einen deutlich tieferen Rücksetzer bis in den Bereich zwischen 18 und 20.
Insgesamt befindet sich das Bitcoin/Gold-Ratio in der erwarteten Korrektur. Diese sollte sich auf Sicht der kommenden Monate über Umwege fortsetzen und vermutlich erst im Bereich zwischen 18 und 20 ihren Boden finden.
6. Makro-Update – Der kollabierende Yen zeichnet den Weg vor
Japanischer Yen gegen den US-Dollar, Monatschart vom 8. Mai 2024. Quelle: Tradingview
In den letzten dreieinhalb Jahren hat der japanische Yen dramatisch gegen den US-Dollar abgewertet und fiel zuletzt auf den tiefsten Stand seit 1991. Trotzdem hat die Bank of Japan (BoJ) den Leitzins im März nur um einen mageren Viertelpunkt auf 0 bis 0,1% angehoben, obwohl die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) in den letzten Jahren deutliche Zinserhöhungen vorgenommen hatte und zuletzt immer wieder signalisierte, dass die US-Zinsen noch länger hoch bleiben könnten.
Mit einer der weltweit höchsten Verschuldungsquoten von über 260 % ist Japan seit Jahren gezwungen, die Zinssätze auf einem extrem niedrigen Niveau, nahe Null, zu halten. Selbst als der Inflationsdruck zunahm, hat sich die BOJ gegen aggressive Zinserhöhungen gewehrt, weil sie befürchtete, die enorme Schuldenlast noch unkontrollierbarer zu machen. Zwar versuchen japanische Banken mit dem Verkauf von Dollarbeständen die Schwäche des Yen zu stoppen, die diametral unterschiedliche Zinspolitik steht einem Erfolg aber logischerweise im Wege.
Angesichts der zuletzt immer rasanteren Abwertung sendet der kollabierende Yen mittlerweile starke Warnsignale, insbesondere da der „Yen Carry-Trade“ eine der wichtigsten Stützen für das internationalen Finanzcasino ist. So wurden jahrelang niedrigverzinste Kredite in Yen aufgenommen, um diese dann in höher rentierliche Vermögenswerte im Ausland, insbesondere im US-Anleihen- und Aktienmarkt zu investieren. Eine sich verschärfende Yen-Schwäche könnte jedoch zu Nachschussforderungen führen und möglicherweise auch die Auflösung von Positionen erzwingen, was dann wiederum eine heftige Volatilität zwischen den einzelnen Vermögenswerten im internationalen Finanzsystem auslösen würde. Eine Zinserhöhung in Japan würde den „Yen Carry-Trade“ allerdings ebenso stark unter Druck setzen.
Aufgrund der hohen Schuldenlast bleibt den politischen Entscheidungsträgern in Japan wohl nur der Weg über die Monetarisierung der Schulden und damit eine drastisch höhere Inflation. Genau dieses Umfeld schafft jedoch den idealen Nährboden für alternative Vermögenswerte wie den Bitcoin, der sich als eines der besten Wertaufbewahrungsmittel außerhalb des traditionellen Fiat-Finanzsystems in den letzten 14 Jahren bewiesen hat.
Auch wenn man den Bitcoin in den ersten 12 Jahre seiner Existenz durchaus als ein „Niedrigzinsphänomen“ bezeichnen konnte, so bestätigt seine jüngste Widerstandsfähigkeit in einem Umfeld hoher Zinsen doch untrüglich seine Eigenschaft als hartes Geld und macht ihn zu einem der wenigen Instrumente, um der heimlichen Entwertung von Fiat Geld zu entgehen.
Da zudem ehemals respektierte Institutionen und Regierungen in Dysfunktion und Untätigkeit versinken, mutiert der auf mathematischem Code beruhende Bitcoin zu einem Leuchtfeuer der Hoffnung für alldiejenigen, die sich inmitten des Chaos nach Wahrheit und Ordnung sehnen. Auch wenn es viele berechtigte Kritikpunkte am Bitcoin gibt, so machen ihn seine monetären Eigenschaften in Form von unveränderlicher Knappheit, Dezentralisierung und Transparenz neben den Edelmetallen zu einer deutlich besseren Alternative gegenüber der Fiat Welt, die in Entwertung, Verschleierung und falsch zugewiesenem Kredit ertrinkt.
Die dramatische Abwertung des Yen ist daher vermutlich nur der Auftakt für neuerliche Verwerfungen innerhalb des Fiat Systems. Die globale Verschuldung stieg zuletzt um 1,3 Bio. USD auf ein neues Allzeithoch von 315 Bio. USD im 1.Quartal 2024. Darüber hinaus hat die weltweite Verschuldung im Verhältnis zum BIP nach drei aufeinanderfolgenden Quartalen des Rückgangs 1.Quartal 2024 ihren Aufwärtstrend wieder aufgenommen. Gleichzeitig stieg die Verschuldung der Schwellenländer auf über 105 Bio. USD, wobei die größten Zuwächse aus China, Indien und Mexiko kamen.
Die tiefgreifenden und strukturellen Ungleichgewichte, die sich über Jahrzehnte des leichten Geldes und durch rücksichtslose Staatsausgaben aufgetürmt haben, lassen sich nicht mehr nachhaltig korrigieren. Lediglich wird das unvermeidliche Ende mit verzweifelten politischen Maßnahmen auf der Zeitachse nach hinten verschoben. So kommt der Paradigmenwechsel hin zur antifragilen und netzwerkbasierten Liquidität von Bitcoin schrittweise und für die allermeisten nur über den Abwertungsschmerz.
Übergeordnet wird der Crack-Up-Boom also weiterlaufen und die Preise für Bitcoin und Edelmetalle schrittweise nach oben drücken. Trotzdem erwarten wir auf Sicht der kommenden Monate zumindest ein kleines Durchschnaufen an den Märkten und verfolgen die laue Sommerphase lieber mit einer erhöhten Liquiditätsquote in der Sonnenliege.
7. Fazit: Bitcoin – Überschaubare Erholung vor der Sommerflaute
Mit schnellen Schritten ist es schon wieder Anfang Mai und der Frühling hat offiziell nur noch weitere sechs Wochen bevor der kalendarische Sommer beginnt. Die Finanzmärkte verbinden den Wonnemonat Mai jedoch mit der alten Börsenweisheit „Sell in May and go away“. Statistisch lässt sich ohne Frage belegen, dass die Börsen zwischen Oktober und dem folgenden Frühjahr im Durchschnitt besser laufen als im Zeitraum zwischen Mai und September.
Für den eng mit den Tech-Aktien korrelierten Bitcoin erwarten wir daher bis zum Herbst ebenfalls eine Durststrecke. Dabei muss es nicht notwendigerweise zu dramatischen Kursrückgängen kommen. Auch eine zähe und meist seitwärtsverlaufende Konsolidierung könnte ausreichen, um das immer noch zu optimistische Sentiment abzukühlen.
Insgesamt erscheint uns ein gesunder Rücklauf an das 38,2%-Retracement im Bereich um 51.500 USD innerhalb der „Cup-and-Handle“ Formation derzeit am wahrscheinlichsten, bevor ab Mitte September bzw. im Oktober 2024 die nächste größere Aufwärtswelle starten könnte.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
www.midastouch-consulting.com
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Quelle: www.celticgold.de