1. Rückblick
Mit Kursen um 31.818 USD erreichte der Bitcoin am 13.Juli den höchsten Stand seit dem 1.Juni 2022. Dieses Niveau konnte aber nur zwei Tage gehalten werden, bevor die Preise schnell wieder eine Etage tiefer rutschten. Hier handelten die Bitcoin-Notierungen dann fast fünf Wochen lang in einer Seitwärtsspanne zwischen grob gesagt 30.500 USD und 29.000 USD.
Bitcoin in USD, 4h-Chart vom 1. September 2023. Quelle: Tradingview
Das neuerliche Unterschreiten der Unterstützung um 29.000 USD löste am 17.August jedoch einen heftigen Kursrutsch aus. Schnell stürzten die Notierungen bis auf fast 26.100 USD in die Tiefe. An einigen Krypto-Börsen wurden vorübergehend sogar noch deutlich tiefere Kurse um 24.700 USD gesehen. Laut Coinglass wurde im Zuge dieses Crashs Long-Positionen im Wert von über 820 Mio. USD innerhalb von wenigen Stunden gezwungenermaßen liquidiert.
In den folgenden 11 Handelstagen verharrte der Bitcoin mehr oder weniger in einer Schockstarre und bewegte sich in einer engen Handelspanne knapp oberhalb von 26.000 USD seitwärts.
Die wegweisende Entscheidung eines Berufungsgerichtes in den USA hinsichtlich der unrechtmäßigen Ablehnung des Antrags zur Zulassung eines börsengehandelten Bitcoin ETFs durch Grayscale Investments sorgte dann jedoch am Dienstag für einen scharfen Anstieg bei den Bitcoin-Notierungen. Aus dem Stand heraus ging es bis auf knapp 28.200 USD nach oben und aktivierte sofort wieder alle Permabullen im Krypto-Lager.
Aber diese Erholung war nur von kurzer Dauer, denn der Bitcoin gab in den vergangenen zwei Handelstagen zügig alle Gewinne wieder ab und ist damit in seine engen Handelspanne um 26.000 USD zurückgekehrt. Das Wechselbad der Gefühle an der kritischen Unterstützung um 26.000 USD verheißt nichts Gutes.
Ob nun die miserablen Wirtschaftsdaten aus China, die rabiaten Zinserhöhungen in den USA, das Drama um Binance oder aber einfach ein übergeordneter Bärenmarkt am Kursverfall schuld sind, bleibt dahingestellt. In jedem Fall verlor der Bitcoin schon ab Mitte Juli immer mehr Momentum. Das Handelsvolumen war ebenfalls schon seit Wochen stark rückläufig. Außerdem scheiterte der letzte Ausbruchsversuch über 30.000 USD am 8.August kläglich. So summierten sich die Verkaufssignale, so dass es am Ende nicht mehr viel benötigte, um durch Stopp-Loss Aufträge und Liquidierungen schnell eine Verkaufslawine loszutreten.
BNB (Binance Smart Chain) in USD, Wochenchart vom 1. September 2023. Quelle: Tradingview
Das „Problem Binance“ ist durch den Abverkauf allerdings nicht gelöst worden. Im Gegenteil, die einst größte und erfolgreichste Krpyto-Börse kämpft seit Monaten weiter gegen den Untergang. Die FTX-Pleite und der Bärenmarkt seit Ende 2021 haben Binance stark zugesetzt. Seitdem Binance von der SEC wegen fehlender Handelslizenzen verklagt wurde, verschärft sich die Situation schrittweise, wobei insbesondere die eigene Blockchain „Binance Smart Chain“ mit dem Token BNB unter Druck steht. Noch immer beträgt die Marktkapitalisierung von BNB rund 33 Mrd. USD, aber der Tokenpreis ist in den letzten Tagen erneut deutlich abgerutscht und hängt an der kritischen Unterstützungszone um 210 USD. Darunter ist bis ca. 40 USD im Prinzip nur Luft.
Rückblickend währte die Euphorie um den möglichen Spot-ETF vom weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock also nur kurz. Zwar sorgte der Antrag von BlackRock Mitte Juni für einen schnellen Anstieg um 26,6%, mittlerweile wurden aber so ziemlich alle Kursgewinne seitdem wieder abgegeben. Das Thema „Bitcoin Spot-ETF“ ist aber nicht vom Tisch, sondern sollte allerspätestens im 1.Quartal 2024 erneut für Euphorie sorgen.
2. Chartanalyse Bitcoin in US-Dollar
2.1 Wochenchart: Die Erholungsrally seit Januar wird jetzt korrigiert
Bitcoin in USD, Wochenchart vom 1. September 2023. Quelle: Tradingview
Mit 31.818 USD erzielte der Bitcoin Mitte Juli zwar nochmal ein höheres Hoch, weitere Kursgewinne blieben jedoch aus. Die altbekannte Widerstandszone knapp oberhalb der runden Marke von 31.000 USD erweis sich als zu stark.
Mit dem scharfen Abverkauf und der misslungenen Erholung ist das Bild nun endgültig gekippt und wir müssen davon ausgehen, dass die Anfang Januar gestartete Erholungsrally nun vollständig korrigiert wird. Die seit Jahresbeginn gültig Aufwärtstrendlinie wurde von den Bären bereits ohne Widerstand überrannt. Auch das 38,2% Fibonacci Retracement (25.600 USD) wurde kurzzeitig unterboten. Das klassische 61,8% Fibonacci Retracement wartet derzeit zusammen mit dem Aufwärtstrendkanal im Bereich um 21.750 USD. Der Stochastik Oszillator hat zwar die überverkaufte Zone erreicht, ein Trendwechsel ist bislang aber nicht zu erkennen.
Zusammengefasst ist der Wochenchart bärisch und lässt einen weiteren Abverkauf in Richtung von ca. 22.000 USD erwarten.
2.2 Tageschart: Wann fällt das 38,2%-Retracement (25.577 USD)
Bitcoin in USD, Tageschart vom 1. September 2023. Quelle: Tradingview
Unsere Vermutung eines Ausbruchs nach oben war Mitte Juli eindeutig falsch. Mit 31.818 USD gelang lediglich ein minimal höheres Hoch. Stattdessen kam es zum Kursrutsch, wobei in den letzten zwei Wochen auch die 200-Tagelinie (27.543 USD) klar unterboten wurde. Der Rücklauf an diesen gleitenden Durchschnitt scheiterte in dieser Handelswoche ebenfalls, wodurch die Stochastik erneut ein Verkaufssignal aktiviert hat. Im Zweifelsfall steuert der Bitcoin in den kommenden Wochen das 61,8%-Retracement bei 21.720 USD an.
Insgesamt ist der Tageschart bärisch. Unterstützungen sind bis in den Bereich um 22.000 USD eher Mangelware. Allenfalls das Tief von Mitte Juni um 24.750 USD könnte die Bären zumindest abbremsen.
3. Sentiment Bitcoin – Stimmung ist neutral
Crypto Fear & Greed Index vom 30. August 2023. Quelle: Lookintobitcoin
Der „Crypto Fear & Greed Index“ notiert aktuell bei 49 von 100 Punkten. Somit ist die Stimmungslage im Krypto-Sektor derzeit neutral.
Crypto Fear & Greed Index vom 30. August 2023. Quelle: Lookintobitcoin
Im größeren Bild konnte sich das Sentiment seit dem Paniktief im November in den letzten neun Monaten deutlich erholen. Die extreme Euphorie aus dem Jahr 2021 wurde aber bei weitem nicht erreicht. Gleichzeitig lässt sich bislang noch kein Ende der Sentiment-Erholung ablesen. Aus der Sentiment-Perspektive hätte der Bitcoin theoretisch noch sehr viel Platz nach oben.
Insgesamt ist das Sentiment neutral.
4. Saisonalität Bitcoin – Saisonalität noch bis Mitte Oktober sehr ungünstig
Bitcoin Saisonalität vom 30. August 2023. Quelle: Seasonax
Das saisonale Muster für den Bitcoin ist seit Mitte Juni und bis Mitte Oktober sehr negativ. Typischerweise neigt der Bitcoin insbesondere im September zu Schwäche, bevor im Oktober meist eine Bodenbildung einsetzt. Ob es auch in diesem Jahr so kommt, weiß natürlich niemand hundertprozentig. In jedem Fall mahnt die Statistik für die kommenden Wochen zur Zurückhaltung und Vorsicht.
Zusammengefasst ist die Saisonalität bis Mitte Oktober äußerst ungünstig und klar negativ.
5. Bitcoin gegen Gold (Bitcoin/Gold-Ratio)
Bitcoin/Gold-Ratio, Tageschart vom 1. September 2023. Quelle: Tradingview
Der starke US-Dollar setzte sowohl die Gold- als auch die Bitcoin-Notierungen ab Mitte Juli wochenlang unter Druck. Während sich der Goldpreis nun bereits seit fast zwei Wochen von seinem Tief um 1.885 USD deutlich erholen konnte, bleibt der Bitcoin angeschlagen und unter Druck.
Bei Kursen von knapp 26.000 USD für einen Bitcoin und 1.940 USD für eine Feinunze Gold, muss man für einen Bitcoin derzeit rund 13,4 Unzen Gold bezahlen. Andersherum gesagt kostet eine Feinunze Gold aktuell ca. 0,0746 Bitcoin. Insgesamt ist der Bitcoin (+56,4%) seit Jahresbeginn immer noch das eindeutig schnellere Pferd und konnte den Goldpreis (+5,78%) um den Faktor 10 outperformen!
Rückblickend erreichte das Bitcoin/Gold-Ratio am 6.Juli mit Werten um 16,5 den höchsten Stand seit 13 Monaten. Seitdem ist das Ratio bis auf 13,6 und damit mustergültig bis auf das 38,2%-Retracement zurückgekommen. Solange dieses Tief nicht unterboten wird, ist der Aufwärtstrend seit Jahresbeginn noch intakt. Auf der Oberseite müsste das Ratio zunächst die Abwärtstrendlinie der letzten Wochen um ca. 15 überspringen, um diesen Aufwärtstrend wieder fortzuführen. Insgesamt sieht es eher nach einer tiefen Ratio-Werten bzw. bestenfalls nach Konsolidierung zwischen der breiten Unterstützungszone (12,5 bis 14,5) und der breiten Widerstandszone (16 bis 18,5) aus.
6. Makro-Update – Offenbarungseid der Notenbanker wird früher oder später kommen
US-Arbeitsmarktbericht vom 1.September 2023. Quelle: Holger Zschaepitz
Der US-Arbeitsmarkt verlangsamt sich weiter. Laut dem neuesten US-Arbeitsmarktbericht ist die Arbeitslosenquote im August sprunghaft auf 3,8% angestiegen. Gleichzeitig legte die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft in den USA mit einem Plus von 187.000 etwas mehr als erwartet zu. Wie immer wurden die Stellenzuwächse für die vorhergehenden Monate Juni und Juli deutlich nach unten revidiert. Ein mittlerweile bekanntes und durchschaubares Spiel der Regierungsstatistiker, welches die Glaubwürdigkeit der Arbeitsmarktberichte zunehmend in Frage stellt.
Insgesamt dürfte es für die FED jedenfalls schwer werden, die Zinsen weiter zu erhöhen. Obwohl die US-Notenbank mit ihren brutalen Zinserhöhungen einen gewissen Erfolg bei der Bekämpfung der hohen Inflation verbuchen kann, ist die offizielle Inflationsrate in den USA mit 3,2% immer noch zu hoch. Im Gegensatz zu China und Deutschland hat sich die amerikanische Wirtschaft bislang aber halbwegs robust gegenüber dem Entzug des billigen Geldes gezeigt. Typischerweise setzen die Folgen der restriktiven Geldpolitik jedoch erst mit einer deutlichen Verzögerung von ca. 12 bis 20 Monaten ein.
US-Gewerbeimmobilien in Notlage vom 30.April 2023. Quelle MSCI
Während der US-Immobilienmarkt aufgrund der hohen Zinsen ähnlich wie in Deutschland vielerorts mittlerweile in eine Art Schockstarre verfallen ist, nehmen die Verwerfungen bei den US-Gewerbeimmobilien weiter zu. So sind die Preise für amerikanische Büro- und Gewerbeimmobilien nach Angaben des Immobilienforschungsunternehmens Green Street seit ihrem Höchststand im März 2022 im Durchschnitt bereits um 16% gefallen. Anders als in der Finanzkrise 2008, als ein Mangel an Krediten den Wert aller Immobilien beeinträchtigte, hat der aktuell Abschwung einige Arten von Immobilien viel härter als andere getroffen.
Zwar sind Zwangsversteigerungen immer noch selten, der Gesamtwert in Not bzw. in Zahlungsverzug oder bereits unter Sonderverwaltung geratener US-Immobilien stieg bereits per Ende April auf fast 72 Mrd. USD und dürfte seitdem deutlich zugelegt haben. Einschließlich der gefährdeten Immobilien ist der Pool der potenziell gefährdeten Vermögenswerte mehr als doppelt so hoch.
KBW-Bankenindex vom 31.August 2023. Quelle: Holger Zschaepitz
Für die US-Regionalbanken stellen diese Gewerbeimmobilien ein hohes Risiko dar, denn ihr Engagement ist dramatisch höher als das der Großbanken von der Wallstreet. Fünf Monate nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank sowie der Signature Bank fiel der KBW-Bankenindex im August allerdings wieder deutlich. Schlechtester Performer unter den Bankaktien war die Citigroup mit -13,4%.
Eine Rezession bzw. eine harte Landung der Weltwirtschaft bleibt angesichts dieser Ausgangslage die logische Konsequenz. Wann genau der Offenbarungseid der Notenbanker kommen wird, lässt sich zeitlich allerdings nur schwer prognostizieren. Höchstwahrscheinlich aber innerhalb der kommenden sechs Monate. Die dann notwendig werdenden Liquiditätsmaßnahmen werden alles bisher dagewesen übersteigen und nicht nur die Edelmetallpreise in ganz neue Höhe katapultieren, sondern auch dem Bitcoin neues Leben einhauchen.
Solange allerdings nicht zumindest einer der beantragten Bitcoin-Spot-ETFs zugelassen wird, dürfte der Bitcoin vermutlich zunächst eher unter Druck bzw. schwach bleiben. Ein zweites Standbein im Bereich 15.000 bis 20.000 USD wäre denkbar, bevor das nächste Halving im April 2024 für einen Angebotsschock sorgen könnte.
7. Fazit: Bitcoin - Wechselbad der Gefühle an kritischer Unterstützung
Mit einem Anstieg von über 100% in rund sechs Monaten stellte der Bitcoin auch im Jahr 2023 mal wieder alle anderen Assetklassen in den Schatten. Seit dem Jahreshoch bei 31.818 USD hat sich die Lage in den letzten sechs Wochen allerdings deutlich eingetrübt, denn es haben sich zahlreiche Verkaufssignale eingeschlichen.
Damit fällt die Erholung seit dem Tiefpunkt im November angesichts der Abschläge vom Allzeithoch bei 69.000 USD doch sehr überschaubar aus. Das 38,2%-Retracement bei 35.924 USD konnte bislang nicht erreicht werden. Mit dem Bruch der Unterstützung um 29.000 USD sowie dem klaren Unterschreiten der 200-Tagelinie (27.542 USD) befindet sich der Bitcoin nun klar in der unteren Hälfte seines Aufwärtstrendkanals. Die kritische Unterstützung um 26.000 USD weicht zunehmend auf.
Angesichts der äußerst statistisch ungünstigen Septemberwochen müssen wir von einer Fortsetzung der Korrektur in Richtung 24.500 und 22.000 USD ausgehen. An der Unterkante des Aufwärtstrendkanals könnte es dann ab Mitte Oktober zu einer Bodenbildung und dem Beginn einer Erholung kommen.
Florian Grummes
Edelmetall- und Krypto-Experte
www.midastouch-consulting.com
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Quelle: www.celticgold.de